Kein schlechtes Geschäft
Das Stadion könnte die Bayern auf Dauer noch reicher machen
Mit der Allianz Arena sollte ein neues Zeitalter beim FC Bayern beginnen. Manager Uli Hoeneß wollte ein reines Fußballstadion schaffen, eine Kultstätte für die Spieler und die Fans, wie Old Trafford in Manchester oder Nou Camp in Barcelona. Dafür gingen die Bayern hohe Risiken ein. Die Arena kostete 340 Millionen Euro, vollständig finanziert über Kredite. Und der kleine Nachbar, der TSV 1860, wurde als Mitinhaber und Mitbetreiber gebraucht. Für eine reine Bayern-Arena hätte es beim Bürgerentscheid im Oktober 2001 niemals eine Mehrheit in München gegeben. Und ohne diese Mehrheit hätte es von Stadt, Land und Bund keine 300 bis 400 Millionen Euro für den Ausbau der U-Bahn und der Straßen gegeben; es hätte also kein neues Stadion gegeben, und möglicherweise kein Eröffnungsspiel bei der Weltmeisterschaft.
Jetzt ist es doch eine reine Bayern-Arena, alle Anteile liegen bei den Roten. Gewissermaßen für ein Taschengeld haben sie die 50 Prozent der Blauen, der Sechziger übernommen. Die elf Millionen Euro zahlen sie locker von ihrem prall gefüllten Festgeldkonto. Es könnte eine Investition sein, die sich auf lange Sicht lohnt, auch wenn Hoeneß und seine Vorstandskollegen dieses Geschäft kürzlich noch abgelehnt hatten. ¸¸Wenn Bayern plötzlich der Chef wäre und 1860 der Untermieter, wäre das die unglücklichste Konstellation, die sich denken lässt", hatte Hoeneß noch Anfang März gesagt. Wenn die Blauen Miteigner blieben, dann gehörte ihnen in 20 Jahren die Hälfte eines abbezahlten Stadions. Das sei ein Geschenk, das 200 Millionen Euro wert sei, rechnete Hoeneß vor.
Zwei Mal 200 Millionen Euro
Umgekehrt gilt das freilich nun auch für die Roten. Blieben sie Alleininhaber, weil der TSV 1860 seine bisherigen Anteile nicht zurückkaufen könnte, dann dürften sie, die Bayern, auch über die zweite Stadionhälfte verfügen. Das ergäbe dann, frei nach Hoeneß, einen Wert von zwei Mal 200 Millionen Euro; bei den Blauen wären es null Euro. Sicherlich, die Bayern haben nun auch das Risiko für die mit Krediten hoch belastete Arena alleine zu tragen. Aber das mussten sie im Prinzip schon vorher. Gesetzt den Fall, es wäre etwas schiefgegangen, dann hätten sich die Banken vor allem an den Roten schadlos gehalten. Bei den Blauen war bisher schon nicht viel zu holen, ein paar Millionen Euro allenfalls, wenn überhaupt.
Und das Stadionrisiko für die Bayern ist einstweilen überschaubar. Die Sechziger bleiben in der Arena, es gibt einen langfristigen Mietvertrag. In den nächsten beiden Spielzeiten müssen die Blauen die vollen Garantiesummen für die Business Seats, die Bewirtung und die Bandenwerbung zahlen, gut fünf Millionen Euro pro Saison. Das dürfte möglich sein, auch dank der elf Millionen Euro, die der FC Bayern München dem TSV 1860 München für dessen Stadionanteil zahlen. Ein Teil des Geldes fließt also zurück in die Arena. Erst ab der überübernächsten Saison müssten sich die Roten stärker engagieren - falls die Löwen bis dahin nicht aufgestiegen sind. Und falls die Stadion GmbH die zwei Millionen Euro pro Spielzeit, die der TSV in der zweiten Liga ab 2008 bei den Business Seats sparen könnte, nicht anderweitig erlöst. Etwa dank vieler ausverkaufter Partien, bei Speisen und Getränken, beim Stadiontourismus, der hervorragend läuft, und so weiter.
Die Sechziger haben sich mit ihrer Misswirtschaft der vergangenen Jahre selbst als Gesellschafter aus der Arena katapultiert. Ohne die Bayern wären sie untergegangen. Für Uli Hoeneß ist der Kauf der Stadionanteile freilich kein schlechtes Geschäft: Elf Millionen Euro für eine Hälfte von Deutschlands modernstem Stadion. Ein einziger Top-Spieler kostet heutzutage schon mehr. Die jetzige Investition könnte den größten und reichsten Klub im Lande auf Dauer noch größer und reicher machen, sofern die Münchner Arena in Fröttmaning weiter voll ist. Vielleicht nähern sich die Bayern dann, aus eigener Kraft, auch finanziell der internationalen Konkurrenz. Das ist ja ihr Ziel. Klaus Ott
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.98, Freitag, den 28. April 2006 , Seite 31