Ich bin in dieser Sache auf Brazzos Seite.
Mein Stand ist, dass Brazzo eine Vorstellung vom Fußball hier hat, die sich auch mit der Vorstellung von Kahn und wohl auch Kalle deckt. Das ist kurz gesagt dominanter Fußball und dieser hat den Vorteil, dass man nicht immer 90 Minuten den letzten Tropfen aus dem Körper ausdrücken muss. So ein Fußball wäre besonders jetzt während der historisch nie dagewesenen Überbelastung der richtige.
Hinzu kommt, dass der Verein einen eher kleinen Kader möchte, weil wir keinen Scheich haben und trotzdem qualitativ oben mithalten möchten. So einen Kader muss man mit Talenten verbreitern und man ist da zurecht in der Quantität auch den Trainerwünschen entgegengekommen.
Qualitativ gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, richtig, aber der Trainer nutzt nicht mal aus, was ihm jetzt geboten wird. Wir müssten extra mehr rotieren und in Spielen wechseln, tun es aber nicht mal so viel, wie es in einem normalen Jahr nötig wäre. Dazu lässt der Trainer schlicht Spieler links liegen, weil er mehr in Richtung Rennball als Dominanz denkt.
Da treffen unterschiedliche Spielideen aufeinander, die sich nicht einfach auflösen lassen. Und da bin ich deutlich bei der Spielidee, die unsere Vorstandsebene vertritt. Wenn ich sehe, dass Thiagos Fehlen mit Tolisso oder teilweise mit Alaba aufgefangen wird, anstatt Roca hier zum Taktgeber aufzubauen, kann ich nicht ganz zufrieden sein. Spieler wie Werner werden gewünscht, unser bester Defensivspieler Hernandez darf trotz großer Defensivprobleme völlig leistungsunabhängig meistens von der Bank zuschauen, und und und.
Wir sind auf hohem Niveau unterwegs, aber es gibt einige Probleme, die nun mal nicht einfach verschwinden werden. Man hat grundlegend unterschiedliche Vorstellungen. Zu allem kommt dazu, dass Flick nicht sich zum eigenen Arbeitgeber bekennt, sondern vor allem mit seiner Unart gegen den Sportvorstand Schlagzeilen macht.
Ich bin an dem Punkt, an dem ich denke, dass man die Chance nutzen sollte, eine vergleichsweise saubere Trennung im Sommer zu vollführen. Das ist mir lieber als diese Probleme wegzureden und früher oder später eine dreckige Trennung zu erleben. Ein Abgang von Brazzo würde ja nichts daran ändern, dass Flicks Vorstellungen nicht zu uns passen.
Lieber jetzt den Cut machen. Flick hat hier alles erreicht und kann erhobenen Hauptes gehen. Wir verdanken ihm sehr, sehr viel. Nicht nur die Rekorde und sechs Titel, sondern wir verdanken ihm vor allem, dass er den Scherbenhaufen nach Kovac in Weltklasse-Manier beseitigt hat. Ein Weltklasse-Trainer, eindeutig der beste Trainer des Jahres 2020. Er will aber woanders hin als der Klub und trifft Spiel für Spiel Entscheidungen, die das demonstrieren.
Jetzt kann man sich noch trennen, ohne das einzustürzen, was man hier gemeinsam aufgebaut hat. Man könnte ihn mit voller Dankbarkeit verabschieden und vielleicht sieht man sich ja irgendwann wieder.
Das Team ist jedenfalls nicht kaputt und der nächste Trainer würde hier intakte Strukturen vorfinden. Beste Voraussetzungen für einen sauberen Trainerwechsel.