Über Nagelsmann jetzt schon den Stab zu brechen, ist zu früh! Er hat sicherlich einen guten Plan, wie gespielt werden soll, und mit der Zeit wird die Entwicklung der Mannschaft und der gespielten Systeme auch die gewohnte Dominanz zurückbringen.
Allerdings fordert Nagelsmann viel von seinen Spielern, 31 Prinzipien, wonach sich ein System ausrichtet, müssen Spieler erstmal verinnerlichen, ohne die momentane Situation auf dem Feld aus dem Blick zu verlieren, und ohne das über diese Prinzipien gelegte System auszuhebeln. Da ist viel Auffassungsgabe und fussballerischer Sachverstand bei den Spielern gefragt, die dann ja auch noch ZUSAMMEN spielen, also auf einander abgestimmt vorgehen sollen.
Ohne jede Frage ist solch eine Entwicklung zeitaufwändig und benötigt viel Trainingseinsatz, ich bin in Fragen des Systems und der Abläufe also noch ganz bei unserem Cheftrainer.
Kritischer sehe ich tatsächlich den Umgang mit Spielern, die Anerkennung und Lob erfahren, was sich aber nicht in Spielminuten widerspiegelt. Auch den Eigensinn mancher Spieler, den ich zunehmend beobachte, darf Nagelsmann gern deutlich machen, natürlich ohne in der Öffentlichkeit Spieler namentlich anzuprangern!
Als entscheidendes Manko aber nehme ich das Fehlen von Spielern wahr, die in der Lage sind auf dem Feld taktisch zu agieren! Die aus einem eigenen Spielverständnis heraus in der Lage sind, Umstellungen und Verschiebungen vorzunehmen, OHNE das es eines Ingame-Coachings durch den Trainer bedarf. Der muss ja vor allem die Gesamtsituation auf dem Feld überblicken und entsprechend Änderungen vornehmen!
Aber es sind doch häufig die kleinen Veränderungen auf dem Feld, die ein Spiel kippen lassen, und diese Eingriffe müssten am Besten durch taktisch kluge und kommunikativ versierte Spieler erfolgen. Gerade Abwehr und defensives Mittelfeld sind da die Stellschrauben, und die Positionen, auf denen solche Spieler stehen sollten, die in der Lage sind, rasch zu verstehen, was der Trainer sich vorstellt, und eigenständig handelnd diese Dinge auch umsetzen.
Lahm war so ein Spieler, und mit dem Weggang von Boateng, Alaba und Thiago sehe ich auch nicht annähernd jemanden, der diese Rolle ausfüllen könnte.
Kimmich ist noch nicht so weit, und Müller spielt zu weit vorn, um Regie führen zu können.
Es wird daher noch mehr Zeit brauchen, bis die oben genannte Entwicklung zum Tragen kommt, erst recht, wenn die Transferpolitik den Fokus stärker auf junge, noch zu entwickelnde Spieler legt, von denen taktische Führung und übergreifendes Spielverständnis zu Beginn ja noch nicht erwartet werden darf.
Haben wir also Geduld.